Apfelsägewespe (Hoplocampa testudinea)

Die Apfelsägewespe war vor der Jahrhundertwende eher selten. Seit dem Jahr 2000 ist sie aber einer der wirtschaftlich wichtigsten Schädlinge im Ökologischen Obstbau. Die Befallskontrolle erfolgt mit Weißfallen die kurz vor der Blüte aufgehängt werden. Später werden die Blüten auch auf Einstichstellen kontrolliert. Die Apfelsägewespe schädigt im Allgemeinen mehrere Früchte. Werden befallene Früchte abgesammelt, erfolgt dies meist nach dem Übergang in die zweite Frucht. Eine geringe Befallsdichte kann bei gutem Blütenansatz durchaus toleriert werden und sogar nützlich sein. Sind auf den Fallen aber mehr als 40 Tiere zu finden oder eine große Zahl von Blüten mit Eiern belegt muss eine Regulierung erfolgen. Traditionell wird im Ökologischen Obstbau ein Pflanzenextrakt aus dem Holz von Quassia amara (Bitterholz) vor dem Schlupf der Larven eingesetzt. Vor dem Hintergrund der Befallssituation zur Jahrhundertwende wurden praxistaugliche Empfehlungen für die Anwendung erarbeitet (BÖLN-Projekte 02OE084 und 03OE524/2).

Die Apfelsägewespe ist in allen Regionen ein wirtschaftlich wichtiger Schädling. Vor dem Frostjahr 2017 musste am Bodensee etwa die Hälfte der Anbaufläche behandelt werden, nach dem Frostjahr wurde in 2018 weniger behandelt, da musste dann teilweise Befall abgesammelt werden. Die behandelte Fläche hat rasch wieder zugenommen während es in der Region Neckar / Baden zunächstlänger dauerte. Im Westen und Osten ist der Befallsdruck stark jahresabhängig, Im Norden zeigt die Stichprobe nicht ganz die Situation in der Region, in der es durchaus Befallsherde gibt.

Flugüberwachung mit Weißtafeln (Foto N. Oeser)
Flugüberwachung mit Weißtafeln (Foto N. Oeser)
Ei der Apfelsägewespe im Blütenboden (herauspräpariert) (Foto N. Oeser)
Ei der Apfelsägewespe im Blütenboden (herauspräpariert) (Foto N. Oeser)
Eiablage-Einstich der Sägewespe an Blütenboden (Foto N. Oeser)
Eiablage-Einstich der Sägewespe an Blütenboden (Foto N. Oeser)

Abbildungen: Mittlere Aufwandmengen und Anzahl Applikationen (bezogen auf den Einsatz von Quassia*, links) sowie behandelte Fläche in Prozent auf der Quassia angewendet bzw. das Absammeln befallener Früchte durchgeführt wurde (rechts).

*Die Aufwandmenge wird in Unit / ha dargestellt, 1 Unit = 12 g Quassin

Strategieansätze zur Weiterentwicklung des Anbausystems

  • Ein Antrag auf Aufnahme des Bitterholzes Quassia amara als Grundstoff nach Art. 23 der VO (EG) 1107/2009 ist gestellt und derzeit in der Begutachtung, so dass eine Unsicherheit für die mittel- und langfristige Perspektive besteht. Quassia wirkt selektiv (wichtige Nützlinge z.B. die Blutlauszehrwespe werden geschont). Mehrmalige Spritzungen mit dem breit wirksamen Pyrethrum während der Blüte, um die adulten Sägewespen zu reduzieren, würden dagegen so großen Schaden bei der  Nützlingspopulation anrichten, dass die Folgeschäden die Gesamtstrategie zur Insektenregulierung im Öko-Obstbau in unakzeptabler Weise beeinträchtigen würden. Die Wirksamkeit solcher Behandlungen scheint nach Erfahrungen im europäischen Ausland auch sehr begrenzt, so dass dies keine Alternative darstellt. Mit einem Niempräparat lässt sich zwar der Sekundärbefall reduzieren, auf den Primärbefall gibt es jedoch keinen Effekt, so dass bei starkem Befallsdruck Verluste nicht verhindert werden können.Die weitere Verfügbarkeit von Quassia ist daher für einen Teil der Betriebe überlebenswichtig. Aus diesem Grund engagiert sich die FÖKO auch im Sammeln von Spenden und in der Koordination einer internationalen Task Force, um die für eine Listung des Präparats als Grundstoff notwendigen Untersuchungen zu ermöglichen. Unabhängig von der Perspektive von Quassia ist es auf jeden Fall wichtig, die Biologie der Sägewespe besser zu verstehen und weitere Bausteine für die Strategie zu entwickeln. Folgende Strategieansätze werden derzeit diskutiert:
  • Einsatz von entomopathogenen Nematoden zur Reduktion der schlüpfenden adulten Tiere im Frühjahr. Es liegen erste interessante Ergebnisse von Praxisversuchen vor, nach denen eine gewisse Reduktion der adulten Tiere durch ein solches Verfahren möglich erscheint. Das Potential dieses Bausteins ist durch Witterungsverhältnisse/Beregnungsmöglichkeiten etc. und die Tatsache, dass die Sägewespe oft überraschend in bisher unbefallenen Anlagen auftritt, begrenzt. Trotzdem wurde das Verfahren unbedingt bestmöglich ausgearbeitet und auch auf Nebenwirkungen untersucht. Das Verfahren stellte sich aber als derzeit nicht praktikabel heraus (bearbeitet im Rahmen des BÖLN-Projekts FKZ 2815OE074, 2815OE116 und 2815OE117).
  • Um Verfahren zum Niedrighalten der Population (Absammeln, Nematoden etc.) besser in die Gesamtstrategie einbinden zu können, wäre es wichtig, besser zu verstehen inwieweit die Sägewespe anlagentreu ist, so dass der Befall mit dem des Vorjahres korreliert. Ein mehrjähiges Monitoring hat gezeigt, dass es sowohl Anlagen mit ständigem Befallsdruck über einige Jahre gibt als auch Anlagen, in denen völlig überraschend plötzlich hoher Befall auftritt. (BÖLN-Projekt FKZ 2815OE074, 2815OE116 und 2815OE117).
  • Verfahren zum Massenfang mit Weißfallen sind noch intensiver zu prüfen, auch auf Beifänge, können aber wohl in Jahren, in denen die Bäume sehr schnell aufblühen wenn die Sägewespe schlüpft, nur begrenzt zur Regulierung beitragen.
  • Da erst in den letzten 24 Jahren bundesweit hohe Populationen auftreten, sollte untersucht werden, welche natürlichen Gegenspieler der Apfelsägewespe (vor allem verschiedene Schlupfwespenarten) derzeit in den einzelnen Regionen vorhanden sind und welches Potential zu einer Förderung besteht.