Pilzkrankheiten in der Übersicht

Apfelschorf (Venturia inaequalis)

Die wichtigste Krankheit an Blatt und Frucht ist der Apfelschorf. Er verursacht nicht nur Flecken an Blättern und Früchten, sondern kann bei starkem Befall durch den Abfall der jungen stark befallenen Früchte und Blätter zu völligem Ertragsausfall sowohl im aktuellen, als auch im Folgejahr führen.

Der Beginn des Schorfbefalls fängt bereits mit dem herbstlichen Blattfall an. Über die Wintermonate findet im abgefallenen Blatt die geschlechtliche Phase statt, deren Endprodukt das Perithecium mit Sporenschläuchen und den darin enthaltenen Askosporen ist. Das Ausschleudern der nach und nach reifenden Askosporen wird im Frühjahr durch Regen ausgelöst und erstreckt sich über einen Zeitraum von ca. zwei bis drei Monaten. Askosporen, die auf eine Wirtspflanze gelangen, können unter günstigen Witterungsbedingungen (Temperatur, Blattnässe) keimen und dringen mit ihrer Keimhyphe in das junge Gewebe ein. Nach erfolgter Infektion entsteht an der Eindringstelle ein Schorffleck. Der Zeitraum, in dem die Askosporen ausgeschleudert werden, wird Primärschorfphase genannt. Im Rahmen von intensiven Untersuchungen durch MILLs Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurde in der sogenannten Mills-Tabelle erstmals ein detaillierter Zusammenhang der Parameter Temperatur und Blattnässedauer dargestellt. Anhand der Tabelle kann abgelesen werden, wie lange das Apfelblatt nach einem erfolgten Askosporenausstoß bei einer bestimmten Temperatur nass sein muss, damit eine Infektion erfolgt. Auf Grundlage dieser Berechnungen und diverser Weiterentwicklungen (Mac Hardy u.a.) beruhen unsere heutigen Schorfprognosemodelle.

Anhand solcher Programme können auch gezielte Applikationen in das „Keimungsfenster“ des Schorfpilzes vorgenommen werden. Damit lässt sich die Anzahl bzw. die Aufwandmenge an Kupfer bei den protektiven Schorfbehandlungen reduzieren und die Effektivität der Strategie erhöhen. An den Strategien zur Kupferminimierung wurde in den BÖLN-Projekten 2809OE-043 und 2809OE 44 bereits erfolgreich gearbeitet. Die Ergebnisse sind bereits in die Strategien eingeflossen.

Primärschorfinfektion am Blatt durch Ascosporen im Frühjahr (Foto N. Oeser)
Primärschorfinfektion am Blatt durch Ascosporen im Frühjahr (Foto N. Oeser)
Sekundärschorfinfektion am Blatt durch Konidien im späten Frühling/Sommer (Foto S. Buchleither)
Sekundärschorfinfektion am Blatt durch Konidien im späten Frühling/Sommer (Foto S. Buchleither)
Fruchtschorf an junger Frucht (Foto S. Buchleither)
Fruchtschorf an junger Frucht (Foto S. Buchleither)
Fruchtschorf bei Ernte (Foto S. Buchleither)
Fruchtschorf bei Ernte (Foto S. Buchleither)

Wesentlicher Baustein in der Schorfstrategie ist die Sortenwahl. Das Potential von schowi-Sorten ist unter Potential von schowi-Sorten dargestellt. Vor allem an den schowi-Sorten hat die früher nahezu unbekannte Regenfleckenkrankheit, die graugrünliche Beläge auf den Früchten verursacht, allerdings inzwischen große Bedeutung erlangt.

Screenshot aus dem Schorfprognosemodell von Fruitweb (fruitweb.info)

Regenflecken (multiple Erreger)

Eine Besiedlung von Obstanlagen durch die Regenfleckenkrankheit findet zunächst von außen statt, kann dann aber in den darauffolgenden Jahren durch anlageneigenes Inokulum getragen werden. Wirtspflanzen sind verschiedene Laubbaumarten (z.B. Erle, Weide) sowie Sträucher (z.B. Himbeeren). Bei Heckenpflanzungen wird dies berücksichtigt und darauf geachtet, keine Wirtspflanzen in Windrichtung zur Anlage zu etablieren.

Fruchtmumien spielen bei der Verbreitung in der Anlage eine Rolle. Umfangreiche Versuche zur Präzisierung der Infektionsbedingungen haben ergeben, dass eine Besiedelung der jungen Früchte bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Jahr erfolgen kann. Bis zur Ernte erfolgen dann fortlaufend weitere Infektionen sowie die Zunahme der Flecken an den Früchten in Abhängigkeit von Niederschlagsereignissen. In den BÖLN-Projekten Nr. 060E323 und 28100E004 wurde versucht, den Zeitraum für notwendige Behandlungen möglichst einzu­grenzen. Es zeigte sich jedoch, dass eine Fokussierung der Behandlungen auf einen eingegrenzten Zeitraum nicht möglich ist. Im Gegensatz zum Apfelschorf können bei der Regenfleckenkrankheit keine klar definierbaren Hauptinfektionsperioden herausgearbeitet werden. Vielmehr finden die Infektionen in der Saison fortlaufend statt. Für die Obstbauern bedeutet dies, dass auch bei den schowi-Sorten den ganzen Sommer über bei entsprechenden Nässeperioden regelmäßig fungizide Behandlungen ausgebracht werden müssen.

Regenflecken an der Frucht (Foto: ÖON)

Marssonina Blattfallkrankheit (Marssonina coronaria)

An den schowi- Sorten ist im Jahr 2011 dann noch die Marssonina Blattfallkrankheit aufgetreten, die ebenfalls direkte Pflanzenschutzmaßnahmen notwendig macht. Dabei kommt es zu massivem Blattfall, der den Ertrag im Folgejahr sehr stark und langfristig die Existenz der Anlage beeinträchtigen kann.

Reihe links: Marssonina-Blattfallkrankheit (Foto S. Buchleither)
Reihe links: Marssonina-Blattfallkrankheit (Foto S. Buchleither)

Apfelmehltau (Podosphera leucotricha)

Von geringerer Bedeutung ist außerdem noch der Mehltau. Dieser wird aber meist von den Schwefelanwendungen so gut unter Kontrolle gehalten, dass außer dem Ausbrechen von befallenen Trieben während der Schnittmaßnahmen keine separaten Maßnahmen erforderlich sind.

Mehltautriebspitze (Foto N. Oeser)
Mehltautriebspitze (Foto N. Oeser)

Frucht-/Lagerfäulen (multiple Erreger)

Wichtig sind außerdem noch verschiedene Fruchtfäulen (Gloeosporium-Fäule, Penicillum-Fäule, Diplodia-Frucht­fäule etc.).

Sammelsurium von verschiedenen Fruchtfäulen (Foto N. Oeser)

Kragenfäule (Phytophthora sp.)

Auch an den verholzten Teilen können Pilzkrankheiten auftreten. Die Erreger der Kragenfäule schädigen das Rindengewebe. Bei empfindlichen Sorten wie Topaz treten die Schäden vor allem an der Veredelungsstelle zwischen Unterlage und Edelsorte auf. In der Folge kommt es zu hellen und kleineren Blättern, die oft auch vorzeitig abfallen. Die Früchte sind kleiner und schmecken fade. Die Schäden werden erst nach einigen Jahren sichtbar, wenn die Bäume erwachsen sind. Die Bäume können so stark geschädigt werden, dass sie absterben oder mangels Ertrag gerodet werden müssen. Schwere tonreiche Böden, hohe Niederschläge und staunasse Standorte begünstigen die Krankheit. Durch Zwischenveredlung mit einer nichtanfälligen, stammbildenden Sorte kann die Sortenanfälligkeit umgangen werden. Dies wird bei der sehr anfälligen Sorte Topaz inzwischen als Standardmaßnahme praktiziert. Die Krankheit kann auch die Früchte befallen, die abgesammelt werden müssen.

Obstbaumkrebs (Neonectria ditissima)

Der Obstbaumkrebs befällt einzelne Äste und kann vor allem jüngere Bäume auch vollständig zerstören. Es wird das Holz aber auch die Früchte befallen (Nectria-Fruchtfäule). Am Stamm und älteren Ästen bilden sich offene Wunden. Zweige oberhalb der Befallsstelle verdorren, da die Leitungsbahnen zugesetzt werden. Anfällige Sorten sind u.a. Gala, Rubens, Elstar, Idared, Braeburn, Kanzi und auch Topaz. Staunässe-Lagen mit hoher Luftfeuchte sollten hier nicht bepflanzt werden. Hagel- und Frostschäden begünstigen den Befall durch die dadurch entstehenden, offenen Wunden. Befallsstellen, die ausgeschnitten werden müssen aus der Anlage entfernt werden, da sich auch auf Totholz noch Sporen des Pilzes bilden können.

Krebsinfektion am Trieb (Foto K. Pampus)
Krebsinfektion am Trieb (Foto K. Pampus)
Krebsinfektion am Trieb (Foto K. Pampus)
Pilzkrankheiten im Öko-Obstbau, von links nach rechts: Blattschorf, Fruchtschorf, Anlage mit Marssonina-Befall, Früchte mit Regenflecken (Fotos S. Buchleither), Krebsinfektion am Holz (Foto K. Pampus), Gloeosporiumfäule an Früchten (Foto J. Zimmer)
Pilzkrankheiten im Öko-Obstbau, von links nach rechts: Blattschorf, Fruchtschorf, Anlage mit Marssonina-Befall, Früchte mit Regenflecken (Fotos S. Buchleither), Krebsinfektion am Holz (Foto K. Pampus), Gloeosporiumfäule an Früchten (Foto J. Zimmer)