Pflanzsysteme
Generell wird darauf geachtet, möglichst gut durchlüftete und besonnte Bestände zu generieren. Derzeit stehen die meisten Anlagen auf schwachwachsenden Unterlagen und sind als Spindel erzogen. Sehr enge Pflanzabstände (Superspindel) werden wenig praktiziert, da es rein mit mechanischen Methoden sehr schwierig ist, solche Bestände auf Dauer ruhig zu erhalten.
Als in den achtziger Jahren erste Betriebe auf den ökologischen Obstbau umstellten, war die Diskussion um die „richtige“ Unterlage und Baumform für den Öko-Anbau sehr intensiv. Damals standen noch keine Geräte für die Bodenbearbeitung im Baumstreifen zur Verfügung, so dass die mangelnde Verträglichkeit für Konkurrenz von anderen Pflanzen der schwachwachsenden Unterlagen große Probleme bereitete. Zudem werden diese Unterlagen sehr stark durch Mäusefrass geschädigt. In den neunziger Jahren wurden viele Anlagen auf der mittelstark wachsenden Unterlage MM 106 gepflanzt. Diese wiesen aber bald große Probleme mit Kragenfäule auf, der Baumstreifen musste in der Jugendphase ebenfalls von anderen Pflanzen freigehalten werden und auch die Mäuseschäden waren nicht wesentlich geringer. Als die Frage der Bodenbearbeitung im Baumstreifen technisch gelöst war, wurde daher wieder auf schwachwachsende Unterlagen zurückgegriffen.
Auf mehreren Praxisbetrieben sind Pilotanlagen mit stärkerwachsenden Unterlagen entstanden. Aufgrund des regen Interesses und auf Anregung des entsprechenden Arbeitskreises hat sich das Kompetenzzentrum in Bavendorf (KOB) entschlossen, weitere Versuchsanlagen mit stärkeren Unter- lagen in einem neuen biologisch bewirtschafteten Betriebszweig anzulegen: Schwerpunkte liegen hierbei u.a. in der Testung von neuen resistenten Sorten auf starkwachsenden Unterlagen (M25) im Vergleich zur Standardunterlage M9. Hierbei sollen sowohl ökologische wie auch ökonomische Kennzahlen erfasst und bewertet werden. Die Ergebnisse dieses Strategieansatzes stehen noch aus.
Sehr interessant sind auch die neuen Unterlagen der Züchtungsstation Geneva (USA). Derzeit werden verschiedene Sorten auf diesen Unterlagen sowohl in Versuchsanstalten als auch auf den Betrieben getestet.
In einigen Regionen hat es im letzten Jahrzehnt so viel Hagel gegeben, dass ein Anbau ohne Hagelnetz in den meisten Jahren einen erheblichen Input ohne entsprechenden Output an verkaufsfähigen Früchten bedeuten würde. Dies ist weder wirtschaftlich, noch ökologisch vertretbar. Durch Hagelschläge entstehen zudem nicht nur Schäden an den Früchten, sondern auch Wunden an den Bäumen, die als Eintrittspforten für Krankheiten dienen können, was wiederum eine höhere Notwendigkeit für den Einsatz von Pflanzenbehandlungsmitteln, hier vor allem auch Kupfer, bedeutet. Auch im Ökologischen Anbau sind daher Netze als Schutz vor Hagelschlägen sinnvoll und werden in den entsprechenden Regionen genutzt.
Strategieansätze in der Weiterentwicklung des Anbausystems
Im Rahmen des bundesweiten Arbeitskreises Ressourceneffizienz (bis 2023 im Rahmen des BÖLN-Projekts PSSYSTEMBIOOBST, FKZ 2815OE086) wird das Thema Verbesserung der Ressourceneffizienz im Gesamtsystem sehr intensiv diskutiert. Der Einsatz von Ressourcen bei der Pflanzung einer Obstanlage ist inzwischen durch den Klimawandel und die dadurch notwendigen Investitionen wie Hagelnetz, Frostberegnung, Bewässerung usw. immens hoch geworden. Auch zur Erhaltung der Pflanzengesundheit im laufenden Betrieb werden viele Ressourcen eingesetzt. Eine extensive Bewirtschaftung der Anlagen, wie vor Jahren noch oft diskutiert, ist aufgrund dieser hohen Investitionen in vielen Regionen gar nicht mehr sinnvoll. In diesem Arbeitskreis kam ein großes Bedürfnis der Praxis zum Ausdruck, von Grund auf völlig andere Konzepte für eine Obstanlage zu entwickeln. Es zeichnete sich auch ab, dass es nicht nur ein Konzept für die „Obstanlage der Zukunft“ geben würde, sondern dass hier mehrere grundlegend verschiedene Ansätze denkbar sind. In einem Workshop zum Thema Ressourceneffizienz im Juni 2020 mit 23 Teilnehmern aus Praxis, Beratung und Forschung war eine intensive Diskussion über verschiedene Ansätze für eine Obstanlage der Zukunft möglich. Drei verschiedene Kategorien wurden herausgearbeitet, wobei immer wieder auch Mischformen in Diskussion kamen:
Mischkultur – Agroforst-System
- Sorten- bzw. Obstkulturenmischung in der Anlage, ggf. auch Strauchbeeren und Gemüse integriert.
- Direkter Pflanzenschutz durch stationäre Systeme und / oder Drohnen zur punktuellen Behandlung abgestimmt auf die jeweilige Obstsorte / -art.
- Unterstockbehandlung mit Robohacke oder -mulcher
- Standfeste eher starke Unterlagen
- Wildtiere zulassen können
- Ernte mit Robotern
Ökotauglicher, geschützter Anbau
- Abdeckung und Schutz gegen klimatische Auswirkungen aber möglichst plastikfrei
- Kombination mit Photovoltaik, Nutzung regenerativer Energie
- Mischkultur, Pflanzenschutz durch Vermeidung, ergänzt durch „sanfte“ Mittel
- Keine Höchsterträge sondern sinnvoller Einsatz der Ressourcen
- Blühstreifen, weniger hacken
Agroforstsystem in Kombination mit Tierhaltung
- Mischkultur Obstarten, ggf. auch Laubbäume
- Starke Unterlagen, hohe Bäume
- Beweidung durch Hühner, Schafe usw.
- Mobiler Weidewechsel
- Pflanzenschutz muss tierverträglich sein
- Zusätzlicher Grünlandanteil im Betrieb
- Selbstpflücke, Verbraucher / Schulen einbeziehen
In mehreren Regionen wurden oder werden derzeit in den Versuchsanstalten, aber auch in den Betrieben konkrete Modellanlagen aufgepflanzt, um neuen zukunftsweisende Konzepten zu validieren und zu optimieren. Die Bandbreite der Ansätze ist dabei sehr hoch und reicht von der Agri-PV-Anlage mit Blühstreifen bis hin zum Agroforst-System mit Hühnermobil in den Obstanlagen.