Erste Schritte zu robusten Sorten

In den Anfängen des Öko-Obstbaus haben die Pioniere zuerst einmal wieder alte Lokalsorten wie Brettacher, Ananasrenette usw. gepflanzt. Sie mussten eine harte Lektion lernen: Die Verbraucher fanden das zwar sehr lobenswert, griffen an der Ladentheke aber unweigerlich nach den Marktsorten, die Ihnen geschmacklich eher mundeten. Außerdem zeigten sich viele alte Sorten nicht so unempfindlich wie erwartet, die Erträge waren niedrig und oft unregelmäßig. Die meisten dieser Pflanzungen wurden bald wieder gerodet. Ende der achtziger Jahre hatte sich die Strategie etabliert, bei einer Umstellung die hoch empfindlichen Sorten wie Golden Delicious und Gloster mittel­fristig zu roden und leistungsfähige Marktsorten wie Jonagold oder Sorten mit hoher Nachfrage und mittlerer Empfindlichkeit wie Elstar anzubauen. Dazu kamen robuste Sorten wie Discovery, Boskoop, Alkmene, Akane sowie im Norden Holsteiner Cox, die aber keine großen Marktanteile besetzen konnten. Die große langfristige Zukunftshoffnung waren zu dieser Zeit die “resistenten“-Sorten (heutige Bezeichnung: schorfwiderstandsfähige = schowi Sorten). Die erste dieser Sorten, die geschmacklich akzeptabel erschien, war die Sorte Florina. Ein Bio-Obstbauer vom Bodensee pflanzte Mitte der achtziger Jahre die deutschlandweit erste Praxisanlage mit dieser schowi-Sorte. Nach der Wende erhoffte man sich viel von der damaligen Serie der Re-Sorten (Rewena u.a.) aus der Pillnitzer Züchtung. Diese konnten sich aber im Tafelobstbereich am Markt nicht etablieren, so dass die meisten Anlagen schnell wieder gerodet wurden.

Apfelsorte Topaz (Foto J. Zimmer)
Apfelsorte Topaz (Foto J. Zimmer)
Apfelsorte Santana (Foto J. Zimmer)
Apfelsorte Santana (Foto J. Zimmer)

Erste markttaugliche schorfwiderstandsfähige Sorten

Erste vielversprechende schowi-Züchtungen kamen aus der Tschechoslowakei. Da diese von den etablierten Anbietern gar nicht oder nur sehr schleppend auf den Markt gebracht wurden, entschlossen sich die Öko-Obstbauern Mitte der 90er Jahre selbst zum Handeln: Einige engagierte Öko-Obstbauern und zwei Öko-Baumschuler gründeten eine eigene Gesellschaft zur Förderung und Vermarktung von Obstlizenzen (Malus bunda GmbH) und kauften einige Sortenlizenzen von einem tschechischen Züchter kurzerhand selbst. Star der Serie war die Sorte Topaz, hinzu kamen Rubinola, und Frühsorten wie Hana und Nela. Mit großem Engagement und noch größerer Risikobereitschaft (die missglückte Einführung der Re-Sorten war einige Bauern teuer gekommen) wurde die Sorte Topaz von einer Gruppe von Betrieben aus Deutschland und Österreich am Markt etabliert. Anfang 2000 wurde eine weitere Sorte von mutigen Obstbauern auf so großer Fläche gepflanzt, dass ebenfalls eine konzertierte Markteinführung möglich war: Santana.

Der Realitätscheck

Der Traum der Öko-Obstbauern, so mittelfristig auf eine direkte Regulierung von Pilzkrankheiten verzichten zu können, war jedoch nur von kurzer Dauer: Eine neue Pilzkrankheit etablierte sich, die Regenfleckenkrankheit. Diese machte wiederum direkte Maßnahmen notwendig. Bald wurde auch diskutiert, dass zumindest große Schorfinfektionen abgedeckt werden sollten, um einen Resistenzdurchbruch (erste Einzelfälle auf Praxisbetrieben wurden 1999 entdeckt) zu verzögern oder zu verhindern. Anfang 2000 traten an Topaz verstärkt Kragenfäulesymptome auf, sodass in den großen Topazanbauregionen (v.a.Bodensee) „Katerstimmung“ drohte. Ein Behandlungsmanagement (Kupferstammanstrich) für Altanlagen und vor allem die Umstellung beim Pflanzgut auf Topaz mit Zwischenstammveredelungen haben das Problem bis heute weitestgehend gelöst. In 2011 trat nochmals eine neue Krankheit auf: Die Marssonina-Blattfallkrankheit. Seit dem Jahr 2010 traten mit unterschiedlichen Intensitäten in allen Regionen Schorfdurchbrüche an „resistenten“ Sorten auf. In Expertenrunden hat man sich deshalb auf den Begriff der „schowi-Sorten“ verständigt.