Anzahl Überfahrten für Spritzungen

Der Preis für die Strategie ohne hochwirksame und stark persistente Wirkstoffe sind häufige Überfahrten für Spritzungen. In den Abbildungen ist die Bandbreite für die Anzahl aller Überfahrten für Spritzungen mit Pflanzenbehandlungsmitteln für schowi-Sorten und nicht-schowi Sorten dargestellt. Berücksichtigt werden muss bei dieser Darstellung, dass systembedingt auch die Ausbringung der Verwirrungsmethode als „Überfahrt“ gewertet wird, so dass die eigentliche Anzahl der Spritzungen pro Stichprobe um bis zu drei Fahrten (Verwirrungsmethode Apfelwickler, Fruchtwickler und Schalenwickler) geringer ist als unten dargestellt.

Die Anzahl Überfahrten variiert sehr stark je nach Witterungsverlauf in der jeweiligen Region im jeweiligen Jahr, Befallsdruck und Betrieb. Eindeutige Trends sind eher nicht zu sehen. Das Frostjahr 2017 und der doch sehr trockene Sommer 2018 im Südwesten sind allerdings sichtbar. Für schowi-Sorten ist die Anzahl Spritzungen generell geringer aber die Tendenz ist hier eher steigend.

Bei der Diskussion um die Anzahl der Überfahrten sind sowohl der Energieverbrauch als auch die Bodenverdichtung und der Arbeitsaufwand zu berücksichtigen. Die Bodenverdichtung durch Überfahrten ist besonders dann gegeben, wenn bei nassem Boden gefahren werden muss. „Stopp-Spritzungen“ ins Keimungsfenster (siehe Strategie Pilzkrankheiten) sind hier von besonderer Bedeutung, da dabei im Allgemeinen bei oder nach hohen Niederschlägen gefahren werden muss, was tiefe Fahrspuren und damit auch Bodenverdichtung verursacht.

Auch wenn der Energieverbrauch einer Überfahrt zur Ausbringung von Pflanzenbehandlungsmit-teln vor dem Hintergrund des Gesamt-Energiever-brauchs einer Lagersorte kaum ins Gewicht fällt, werden die häufigen Überfahrten in der Praxis als intensiver Input empfunden, von dem man unabhängiger werden will. Im Arbeitsnetz zur Weiterentwicklung des Ökologischen Obstbaus ist die Reduktion der Anzahl der Überfahrten daher seit Beginn der Diskussion um die Weiterentwicklung des Anbausystems im Jahr 2004 ein zentrales Thema

Abbildung: Anzahl Überfahrten für Spritzungen bei schorfwiderstandsfähigen (schowi-) Sorten und anderen Sorten pro Region. Mittelwert und Bandbreite der Anzahl Überfahrten und Flächenanteil in Prozent, der den jeweiligen Stichprobenanteilen zugrunde liegt

Strategieansätze in der Weiterentwicklung des Anbausystems

  • Sortenwahl: Bei schorfwiderstandsfähigen „schowi“-Sorten oder auch bei weniger anfälligen Sorten, die keine Resistenzgene tragen, kann die Anzahl der Spritzungen gegen Schorf reduziert werden. Dabei können besonders die „Stopp-Spritzungen“ ins Keimungsfenster eingespart werden, was erheblich zur Schonung des Bodens in der Fahrgasse beiträgt.
  • Angepasste Technik: Es wird darauf geachtet, möglichst energiesparende Maschinen (entsprechende Zugmaschinen, Selbstfahrer) zu verwenden. Bei der Bereifung wird auf breite Reifen geachtet, die wenig Bodendruck verursachen. Auch Traktoren mit Elektroantrieb, die mit Strom aus betriebseigenen Solaranlagen betrieben werden, sind in Diskussion.
  • Stationäre Ausbringungsanlagen, die abdriftarm sind, sind durchaus eine Option für die Zukunft. Mit solchen Anlagen wäre auch eine sehr häufige Ausbringung kein Problem, was wiederum das Potential für Mittel mit relativ kurzer Wirkung wie z.B. Kaliumhydrogencarbonat oder auch Löschkalk erhöhen könnte. Hier sind aber noch sehr viele Fragen offen.
  • Tankmischungen: Um Doppelbehandlungen zu vermeiden, werden Gesamtstrategien ausgearbeitet, die es weitmöglichst erlauben, die entsprechenden Bausteine der Insekten- und Pilzregulierung in kombinierten Überfahrten auszubringen. Zentraler Punkt ist hier die Mischbarkeit der einzelnen Behandlungsmittel untereinander.
  • Bei der Optimierung der Gesamtstrategien zur Regulierung von Schädlingen und Krankheiten ist die Reduktion der notwendigen Anzahl der Überfahrten immer ein wichtiges Kriterium. Im Rahmen des BÖL-Projekts Oekoapfelforward (FKZ 2822OE150-154) werden derzeit Gesamtstrategien zur Regulierung des Apfelwicklers und von Pilzkrankheiten entwickelt, um die Anzahl der Überfahrten gerade für die schowi-Sorten zu reduzieren.
  • In Erprobung sind z.B. am KOB Bavendorf auch Bedachungen der Anlagen, um den Befallsdruck durch Pilzkrankheiten und damit die notwendige Anzahl an Spritzungen zu reduzieren. Auch zur Regulierung des Apfelwicklers wurden Systeme zur Einzelreiheneinnetzung geprüft (BÖLN-Projekt FKZ 2815OE112).
  • Denkbar wäre auch, die Entwicklung von möglichst hochwirksamen, systemischen, breit wirksamen und persistenten Mitteln für den Ökologischen Obstbau anzustoßen, die weitere Spritzabstände ermöglichen. Dies kann in Einzelfällen sinnvoll sein, als Gesamtstrategie entspricht dies aber nicht den Grundprinzipien des Öko-Landbaus.