Blattläuse
Im Apfelanbau treten verschiedene Blattlausarten auf: Die Apfelgraslaus (Rhapolosiphum insertum), die Apfelfaltenlaus (Dysaphis anthrisci u.a.), die Mehlige Apfelblattlaus (Dysaphis plantaginea), die Grüne Apfelblattlaus (Aphis pomi) und regional in den letzten Jahren gelegentlich auch die Zitronenlaus (Aphis citricola). Auch bei der Blattlausregulierung wird eine Bausteinstrategie praktiziert:
- Maßvolle Stickstoffdüngung
- Ruhiger Baum mit möglichst gleichmäßigem Fruchtbehang
- Förderung und Schonung der natürlichen Feinde
In der Maßnahmenübersicht ist daher die Stickstoffdüngung (in kg N pro ha) aufgeführt. Aus arbeitstechnischen Gründen ist es jedoch nicht möglich, sämtliche Maßnahmen zur Erzielung eines ruhigen Baumes zu erfassen. Verwiesen wird auf die Darstellung der Maßnahmen zu Sommerschnitt und Sommerriss, Wurzelschnitt und Ausdünnung. Die Maßnahmen zur Förderung von Nützlingen wurden aus arbeitstechnischen Gründen ebenfalls nicht im Detail erfasst und sind daher auch nicht detailliert in der Maßnahmenübersicht dargestellt.
Während die Mehlige Apfelblattlaus schon zu Beginn ihrer Entwicklung große Schäden an den Früchten verursacht und höhere Populationen durch eine zusätzliche Schädigung der Blütenknospenansätze den Ertrag gleich für mehrere Jahre sehr stark reduzieren, können bei den anderen Blattlausarten wesentlich höhere Populationen toleriert werden. Die Apfelgraslaus gilt sogar eher als nützlich, da sie kaum Schäden verursacht aber die Anlage für Nützlinge attraktiv macht. In der Regel sind daher nur zur Regulierung der Mehligen Apfellaus direkte Pflanzenschutzmaßnahmen erforderlich. Anfang der neunziger Jahre wurde diese Blattlausart im Ökologischen Obstbau durch die starken Klimaschwankungen plötzlich zu einem so existentiellen Problem, dass einige Betriebe aufgeben mussten. Präparate auf der Basis von Kaliseife reichten nicht mehr aus. Eine biotaugliche direkte Regulierungsmöglichkeit musste daher gefunden werden. In einem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekt (Az 04822) der Universität Hohenheim, einer mittelständischen Firma und vieler betroffener Öko-Obstbauern wurde das Präparat NeemAzal-T/S auf der Basis von Wirkstoffen des Niembaums speziell für diese Fragestellung entwickelt. NeemAzal-T/S ist heute auch im Kleingartenbereich (Schädlingsfrei Neem) und in Teilen der integrierten Produktion weit verbreitet. Das Präparat hat kaum einen abtötenden Effekt auf Blattläuse, sondern verhindert bei frühzeitiger Anwendung den Aufbau einer größeren Population. Die Entscheidungskriterien für einen Einsatz und die Art des Einsatzes (Anzahl Behandlungen, Splitting, Aufwandmenge) orientieren sich daher nicht am akuten Befall sondern am erwarteten Befallsdruck. Folgende Parameter werden dabei vor allem berücksichtigt:
- Erfahrungen mit dem Blattlausbefall in der Anlage aus den Vorjahren
- Sortenempfindlichkeit
- Triebigkeit der Bäume und Blütenknospenansatz
- Witterungsverlauf zum Zeitpunkt der Behandlung und erwartetes Wetter danach (extreme Witterungs- schwankungen sowie Wassermangel oder Staunässe fördern den Blattlausbefall)
- Befall mit Frostspanner
Die Stickstoffdüngung ist in den Regionen, in denen sich der Boden im Frühjahr langsamer erwärmt, tendenziell etwas höher wobei dann auch mit einer langsameren Mobilisierung gerechnet werden kann. NeemAzal®-T/S wird auf einem sehr hohen Anteil der Öko-Obstbaufläche zum Niedrighalten der Populati- on der Mehligen Apfellaus eingesetzt. Im Osten war der Einsatz im Jahr 2014 noch nicht so verbreitet hat dann aber in den Folgejahren deutlich zugenommen. Die erste Behandlung erfolgt zum Schlupf der Fundatrigenien ungefähr zum Rote Knospe Stadium der Bäume. Wenn der Schlupf verzettelt erfolgt und das Triebwachstum der Bäume stark ist, wird die Behandlung gesplittet: Es wird eine niedrigere Aufwandmenge zum Rote Knospe Stadium, dann wird der Effekt kontrolliert und gegebenenfalls eine zweite niedrigere Aufwandmenge in die abgehende Blüte appliziert. Im Südwesten wird das Splitting häufig angewendet während an der Niederelbe mit Ausnahme des Jahres 2018 meist nur mit einer Applikation mit höheren Aufwandmengen gearbeitet wurde. Im Osten ist die Strategie je nach Jahr unterschiedlich.
Abbildungen: Mittlere Aufwandmenge und Häufigkeit der Behandlungen mit NeemAzal-T/S (links), damit behandelte Fläche sowie Höhe der Stickstoffdüngung (rechts).
Strategieansätze in der Weiterentwicklung des Anbausystems
Ziel der Strategie ist es, die Populationen der Blattläuse so gering zu halten, dass soweit als möglich keine Regulierungsmaßnahmen erforderlich sind bzw. der Selektionsdruck auf das einzige dafür verwendete Präparat so gering ist, dass auch langfristig kein Wirkstoffwechsel angedacht werden muss.
Folgende Ansätze werden derzeit verfolgt:
- Optimierung der Strategien zur gezielten Förderung von Nützlingen. Erste Ansätze zum Potential von Blühstreifen zur Förderung von Blattlausantagonisten wurden in einem von der DBU geförderten Projekt (Az 29250-34) erarbeitet. Auch im vom BfN mit Mitteln des BMU im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt geförderten Projekt „Ökologische Vielfalt in Obstanlagen“ (Az 3514685A27) konnte eine Förderung von Nützlingen durch Blühstreifen in der Fahrgasse im Frühsommer an Kolonien der Grünen Apfellaus nachgewiesen werden.
- Optimierung der spezifischen Förderung von Ohrwürmern und des Managements der Populationen, um Fruchtverschmutzungen im Spätsommer zu vermeiden. (Anbringung von Nisthilfen).
- Optimierung des Managements der Stickstoffmobilisierung im Boden damit es im Frühsommer nicht noch zu stärkeren Stickstoffmobilisierungen kommt (z. Einsatz von Fadengerät statt mechanischer Boden- bearbeitung, Einsaaten im Baumstreifen usw.). Erste Versuche zu diesen Fragestellungen werden am KOB Bavendorf durchgeführt.
- Optimierung der Systeme zur Regulierung des Baumwachstums zur Erzielung eines möglichst ruhigen
- Prüfung neuer Schnittsysteme (mechanischer Schnitt) nicht nur auf ihre Effekte auf Baumwachstum und Behangsregulierung sondern auch auf den Befallsdruck mit Blattläusen, um entsprechende Empfehlungen geben zu können (BÖLN-Projekt 12OE031).
- Optimierung bzw. Ausbau von Bewässerungssystemen in den entsprechenden Regionen, um Trockenstress aber auch Blütenfrösten vorzubeugen. Betriebe in Regionen mit starker Frühjahrstrockenheit und hohem Frostrisiko legen vermehrt Bewässerungssysteme an.